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Fotyga: "Russland betreibt Cyber- und Propagandakrieg"

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 04.11.2016 15:00
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Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments hat mit einer Mehrheit einen der strengsten Berichte über Russland in der Geschichte des Europäischen Parlaments angenommen.
Anna Fotyga, eurodeputowana, była minister spraw zagranicznychAnna Fotyga, eurodeputowana, była minister spraw zagranicznychFoto: PAP/Radek Pietruszka

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments hat mit einer Mehrheit einen der strengsten Berichte über Russland in der Geschichte des Europäischen Parlaments angenommen. Autorin des Berichts ist die ehemalige Chefin der polnischen Diplomatie Anna Fotyga, die russische Propaganda enthüllt und diese mit der Propaganda des Islamischen Staates gleichsetzt.

In dem Bericht unter dem Titel - "Die EU-Kommunikationsstrategie zur Bekämpfung feindlicher Propaganda Dritter" werden Stiftungen, Nachrichtenagenturen, Gemeinschaftsgruppen, religiöse und soziale Medien aufgelistet, die Russland nutzt um westliche Werte zu untergraben, die Europäische Union zu teilen und ein Bild des Untergangs des Westens zu schaffen. Der Bericht zeigt die rasant zunehmende Aktivität Russlands in Europa, das versucht ihren Einfluss und ihre Hegemonie auszubreiten.

Das Dokument erwähnt auch, dass russische Behörden in der Europäischen Union radikale Parteien finanzieren und sie für ihre eigenen Zwecke ausnutzen. Die Autorin des Berichts ist mit dem Abstimmungsergebnis zufrieden. Die Europäische Union, vor allem politische Kreise, wachen auf und beginnen zu verstehen, wer Russland ist - sagt Anna Fotyga.

Nach der Abstimmung im November wird das Dokument als die Stellungnahme des gesamten Europäischen Parlaments aufgefasst werden.

Mit Anna Fotyga - der ehemaligen Ministerin für auswärtige Angelegenheiten und Recht und Gerechtigkeit Europaparlamentariarin spricht Halina Ostas.

Ostas: Was hat sie dazu überzeugt dieses Dokument vorzubereiten?

Fotyga: Dies ist ein Bericht des Europäischen Parlaments über die feindliche Propaganda, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union erreicht; und das nicht nur aus Russland, daher die Anspielung auf den sogenannten islamischen Staat, also von Seiten islamistischer Organisationen. Es ist ein Bericht über die gesamte Propaganda, die gegen die Bevölkerung europäischer Länder gerichtet ist. EU-Länder oder Länder in unserer Nachbarschaft. Daher besteht die Notwendigkeit einige Fehlinformationen zu korrigieren, die im öffentlichen Umlauf sind.

Ich bin die Autorin des Berichts. Dies ist eine normale Prozedur, die im Europäischen Parlament für solche Fälle vorgesehen ist. Zur Entstehung des Berichts haben viele Experten beigetragen. Im Zusammenhang mit diesem Dokument haben auch zahlreiche Veranstaltungen im Parlament stattgefunden. Der Bericht wurde viele Monate lang vorbereitet und beschreibt praktisch das gesamte Wesen der Propaganda.

Der wichtigste Teil betrifft die Propaganda und Desinformation der Russischen Föderation, die hier als Form des Cyberkriegs behandelt wird. Wir haben den Bericht aus historischer Sicht bearbeitet und zeigen, dass ähnliche Methoden auch von der Sowjetunion schon während des Kalten Krieges gegen den Westen gerichtet wurden, genau wie jetzt. Leider ist es uns nicht gelungen zu vereinbaren, wie wir die Intensivierung dieser Propaganda bis heute beschreiben sollten. Zum Beispiel zur Zeit als Russland Cyberkrieg gegen Estland geführt hatte, oder während des Angriffs auf Georgien. Ich würde hier auch die Desinformation zur Flugzeugkatastrophe in Smoleńsk hinzufügen, denn jetzt wissen wir, dass sie stattgefunden hat. Das gleiche gilt für den Zeitraum vor dem Angriff auf die Ukraine und vor allem vor der Annexion der Krim.

Ostas: Wie Sie gesagt haben, gab es keine Zustimmung die Desinformation nach dem Absturz in Smoleńsk im Bericht mit aufzulisten. Haben Sie vor eine Änderung während der Abstimmung im November vorzuschlagen?

Fotyga: Es ist kein einfacher Prozess, aber ich habe in diesem Fall natürlich starke Ansichten zu diesem Thema. Mit meinen Kollegen zusammen arbeiten wir an einer endgültigen Form und suchen nach dem besten Weg, um mit dieser Angelegenheit voranzukommen. Es ist eine sehr mühsame Arbeit. Der Bericht ist noch in der Bearbeitungsphase. Wir haben noch keinen offiziellen Endtext, der alle Veränderungen beinhaltet. Der Bericht muss natürlich auch erst noch von Anwälten analysiert werden, ob er keine inneren Widersprüche enthält. Manchmal werden Änderungen vorgenommen, die mit zuvor geschlossen Kompromissen nicht im Widerklang stehen. Das sind alles rechtliche Angelegenheiten.

Ostas: Bedeutet dieser Bericht ihrer Meinung nach, dass die Europäische Union, vor allem politische Kreise der Union, aufwachen und erst jetzt beginnen zu verstehen, wer Russland und seine Propaganda ist?

Fotyga: Das glaube ich. Ich schätze die Arbeitsgruppe sehr, die im Rahmen des Europäischen Auswärtigen Dienstes geschaffen wurde und sich vor allem mit russischer Propaganda beschäftigt. Sie heißt Stratcom East Task Force und wird vom Herrn Giles Portman geleitet. Wir haben wirklich hochklassige Spezialisten, die nicht nur Beamten und Vertretern der EU Mitgliedstaaten Informationen zur Verfügung stellen sondern auch Medien dazu dienen auf verantwortungsvolle Weise Informationen von feindlicher Desinformation zu unterscheiden. Dies ist entgegen dem Anschein keine leichte Aufgabe und erfordert großen Aufwand. EU Abgeordnete stimmen dafür eine ähnliche Arbeitsgruppe zu schaffen, die sich mit der Propaganda von islamistischen Organisationen beschäftigt. Wir weisen hierbei deutlich auf die Unterschiede, das heißt auf die Methoden die von Russland verwendet werden, aber auch von anderen Spielern, die keine Verwaltung oder gar einen Staat haben, aber deren Schlagfestigkeit sehr ähnlich und auch sehr destruktiv ist. Ich denke hierbei zum Beispiel an die Rekrutierung von jungen Männern aus Ländern der Europäischen Union, die in den Irak und nach Syrien reisen.

Ostas: Auf der anderen Seite ist Russland sehr aggressiv und benutzt eine breite Palette von Instrumenten wie Stiftungen oder mehrsprachige TV-Sender.

Fotyga: Die Abgeordneten waren sehr entschlossen die ganze Palette an Möglichkeiten und die tatsächlichen Auswirkungen der russischen Propaganda zu zeigen.

Ostas: Welche Maßnahmen sollten europäische Institutionen treffen, um in der Lage zu sein, dieser Propaganda von Putin entgegenzuwirken.

Fotyga: Es besteht die Möglichkeit sie zu hemmen. Wir weisen deutlich darauf hin, dass es viel Anstrengung kostet. Wir nennen das keinen "Kampf". Wir wollen dem, was geschieht, mit was die EU-Gemeinschaft und unserer Nachbarschaft bombardiert wird, die Stirn bieten. Mit Sicherheit ist es ein großer Schritt solche Arbeitsgruppen wie unsere im Europäischen Auswärtigen Dienst zu schaffen. Wichtig ist aber auch mit ähnlichen Gruppen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zusammenzuarbeiten.

Wir müssen hier ein weites Spektrum vor Augen haben. Die NATO hat bereits sehr gute, spezialisierte Vorrichtungen dafür. Ich weise in meinen Kommentaren auch auf die große Führungsrolle von Lettland. Um genau zu sein, folgen wir den Richtlinien, die die Letten in ihren offiziellen Dokumenten angeben, wie man diese Vorhaben der europäischen Gesetzgebung anpasst. Sie weisen unter anderen auf die Notwendigkeit, Veränderungen in den Audiovisuellen-Richtlinien einzuführen, aber das liegt nicht mehr im Tätigkeitsbereich des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Diese Angelegenheiten überlassen wir anderen zuständigen Anstalten im Europäischen Parlament. Ich bin der Ansicht, dass wir einen kritischen Punkt erreicht haben und die Europäische Union aus dem Schlaf erwacht.

ps

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