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Beleidigung ist keine Aufgabe eines Diplomaten

PR dla Zagranicy
Kamila Lutostańska Kamila Lutostańska 19.02.2019 13:58
Harte Worte des Chefredakteurs der Rzeczpospolita zur gestrigen Aussage des israelischen Außenministers vom "mit der Muttermilch aufgesogenen Antisemitismus der Polen".
Foto:Pixabay/CC0 Creative Commons

RZECZPOSPOLITA: Beleidigung sei keine Aufgabe eines Diplomaten

Harte Worte scheut auch der Chefredakteur der Tageszeitung Rzeczpospolita Bogusław Chrabota in seinem Kommentar nicht. Betrachte man die Regeln der Diplomatie ernst, so müsse man die Aussage des israelischen Chefdiplomaten, vom mit der Muttermilch aufgesogenen Antisemitismus der Polen als eine Art diplomatische Atombombe einstufen. Es sei mit Sicherheit nicht die Aufgabe eines Diplomaten andere Länder oder sogar ganze Völker zu beleidigen. Dabei könne man die Aussage von Israel Katz anders als eine Beleidigung nicht betrachten.

Für diese Aussage gäbe es auch keine Entschuldigung, führt Chrabota fort: weder das Temperament des Politikers, noch die Temperatur der medialen Diskussion oder die Wahlkampagne. Auch wenn der frischgebackenen Außenminister keine Erfahrung in der Diplomatie habe, müsste er wissen, dass eine solche Beleidigung einen Tag vor dem geplanten V-4-Gipfel verheerende Folgen mit sich bringen und zur Verschlechterung der polnisch-israelischen Beziehungen beitragen musste, schreibt Bogusław Chrabota im Blatt Rzeczpospolita.

SUPER EXPRESS: Versuch einer Geschichtsumdeutung

Zu den aktuellen Spannungen zwischen Polen und Israel nahm auch polnischer Premierminister Mateusz Morawiecki im Blatt Super Express Stellung. Der neue Chef der israelischen Diplomatie äußerte soeben die Meinung, dass Polen den Antisemitismus mit der Muttermilch aufgesogen hätten. Diese Worte betrachte Polens Regierungschef als skandalös, rassistisch und unzulässig. Er kündigte zugleich an, dass sich Polen an dem geplanten Gipfel der V-4 Staaten in Israel nicht beteiligen werde. Die Aussage eines hochrangigen israelischen Politikers sei nicht nur in der Diplomatie, sondern auch im öffentlichen Diskurs inakzeptabel, so Morawiecki.

Neben Juden sowie Sinti und Roma hätten die Polen während des Zweiten Weltkriegs am meisten gelitten, sagt Morawiecki weiter. Viele Polen, die Juden zu retten versuchten, mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen. Die Deutschen hätten Polen, die jüdischen Nachbarn helfen wollten, skrupellos ermordet. Sogar Kinder seine nicht verschont worden, man habe polnische Dörfer verbrannt. Seiner Ansicht nach hätten die Polen mit ihrer Hilfsbereitschaft Respekt verdient. Er sei daher verwundert, dass der israelische Chefdiplomat diese historischen Selbstverständlichkeiten vergessen habe und nun versuche, die Geschichte zu fälschen, so Mateusz Morawiecki im Blatt Super Express.

DO RZECZY: Panne in Warschau

Es gäbe zwei Narrative über die Nahostkonferenz in Warschau, schreibt in seinem Einleitungsartikel Chefredakteur der Tageszeitung Do Rzeczy Paweł Lisicki in der neuen Ausgabe. Die Einen seien der Meinung, dass Polen soeben an internationaler Bedeutung gewonnen hat. Die Anderen gingen wiederum davon aus, dass Polen erneut seine Unterordnung der USA gegenüber bewiesen hatte. Er wünschte sich sehr, so Lisicki weiter, dass die erste Deutung der Konferenz der politischen Wirklichkeit entsprechen würde. Er könne jedoch den großen diplomatischen Erfolg nicht erkennen. Im Gegenteil: der erste politische Verlust im Zusammenhang mit dem Treffen bestehe offensichtlich darin, dass über die Veranstaltung der Konferenz der amerikanische Staatssekretär Mike Pompeo informierte und nicht Vertreter der polnische Regierung. Somit wurde Polen zu einer Art Helfer der Vereinigten Staaten degradiert. Es sah so aus, als ob die US-Verwaltung entscheiden würden, welche Konferenz in Warschau veranstaltet werde, meint Lisicki.

Zweitens habe der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu das Thema des Treffens weitgehend definiert. Trotz polnischer Ankündigungen, es würde sich nicht um eine Anti-Iran-Konferenz handeln, sprach Netanjahu Klartext: das Ziel Israels sei es, gemeinsam mit einem Teil der arabischen Staaten einen Krieg mit Iran vorzubereiten. So lautete auch der Tenor der meisten Kommentare in der ausländischen Presse: von einem Tag auf den Anderen wurde Polen Mitglied einer Gruppe von Befürwortern eines konfrontativen Kurses in Kontakten mit Teheran.

Drittens, lesen wir weiter, kam es am Rande der Konferenz zu erneuten Spannungen in Bezug auf die polnische und israelische Geschichte. Zuerst appellierte Mike Pompeo an Polen, das Problem des jüdischen Eigentums der Holocaust-Opfer zu regeln. Danach sprach eine amerikanische Reporterin von dem „Nazi-Regime“ aber auch von einem „polnischen Regime“, gegen das sich die Juden im Warschauer Ghetto gewehrt haben sollen. Die Schäden seien also unübersehbar, urteilt Lisicki. Wieso würden es aber polnische Politiker zulassen? Die Antwort sei immer die gleiche, erklärt der Publizist – Polen sei viel an einer intensiven Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten gelegen. Und die Amerikaner arbeiten sehr eng mit Israel zusammen. Vielleicht wäre es aber an der Zeit, den Preis dieser Strategie genau zu überprüfen, so Paweł Lisicki abschließend in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy.

Jakub Kukla

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