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Egoismus deutscher Politiker

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 18.02.2019 09:50
Jerzy Haszczyński von der Rzeczpospolita ärgert sich über voreilige Schlüsse nach der Nahostkonferenz, Tygodnik Powszechny prangert den Eigensinn deutscher Politiker in Bezug auf die Russlandpolitik an und Ex-Premier Leszek Miller sinniert über die unterschiedliche Reife von Männern und Frauen.

RZECZPOSPOLITA: Experte – Eile mit Weile!

Nicht zum ersten Mal hätten sogar erfahrene Experten gezeigt, dass sie ihre Aufmerksamkeit in erster Linie populistischen Aussagen vor den Fernsehkameras sowie kontroversen Kommentaren in den Social Media und nicht wichtigen Dokumenten schenken würden, schreibt in seinem Kommentar nach der Nahostkonferenz in Warschau Publizist Jerzy Haszczyński in der Tageszeitung Rzeczpospolita. Viele Experten würden dabei wichtige Ereignisse kommentieren, noch bevor sie verstanden hätten, was eigentlich geschehen sei – diese Tendenz könne man leider vielen der Kommentare nach dem warschauer Treffen ablesen, beschwert sich der Publizist.

Geht es nach Haszczyński, habe man die Konferenz seit ihrer Ankündigung als eine antiiranische Veranstaltung betrachtet. So habe das Treffen übrigens auch US-Staatssekretär Mike Pompeo annonciert. Seine Aussagen hätten tatsächlich einen antiiranischen Charakter gehabt. Noch weiter sei dann US-Vizepräsident Mike Pence gegangen, der von der Gefahr eines neuen Holocaust seitens der Regierung in Teheran gesprochen habe. In der Abschlussdeklaration, auf die sowohl die nicht eingeladenen Iraner, als auch viele Westeuropäer und einige Araber mit Spannung gewartet hätten, sei der Iran aber nicht einmal erwähnt worden, unterstreicht Jerzy Haszczyński. Geht es nach dem Publizisten, sei das ein Erfolg der polnischen Diplomatie. Sie habe einen versöhnlichen Charakter der Konferenz versprochen, und sie habe ihr Wort gehalten. Dabei müsse man unterstreichen, dass es hier um eine polnisch-amerikanische Deklaration gehe. Die USA, trotz vieler kritischen Äußerungen in Bezug auf den Iran, hätten es nicht geschafft, Polen zur Verfassung einer konfrontativen Deklaration zu überreden. Die wichtigsten EU-Staaten hätten in diesem Zusammenhang die Kritik an der Konferenz aufgegeben, das Gleiche könne man leider aber nicht von den Medien sagen, so Haszczyński.

Hintergrund: Polen und die USA hatten Vertreter aus 60 Ländern nach Warschau eingeladen, um zwei Tage lang über die Lage im Nahen Osten zu beraten. Die Tagung war vorerst umstritten, Kritikern galt sie als Anti-Iran-Konferenz. Vertreter des Iran sind nicht eingeladen worden.

TYGODNIK POWSZECHNY: Egoismus deutscher Politiker

Was müsste der russische Präsident noch anstellen, damit die Bundesregierung ihre Einstellung ändert? - fragt in der Wochenzeitschrift Tygodnik Powszechny Wojciech Pięciak. Es gehe um die Gaspipeline Nord-Stream-II, die es der russischen Seite ermöglicht, Geld für intensive Aufrüstung und Stärkung der eigenen Macht zu verdienen. Wie viele Kriege müsste Wladimir Putin noch hervorrufen, wie viele Wahlen beeinflussen, wie viele Meuchelmorde durchführen? - fragt Pięciak rhetorisch.

Man könnte sogar vom Verrat der europäischen Solidarität sprechen, führt der Publizist fort. Oder von Inkonsequenz und Kurzsichtigkeit: auf der einen Seite verbiete es die Bundesregierung deutschen Firmen, Waffen nach Saudi-Arabien zu verkaufen, weil das Land einen blutigen Krieg in Jemen führe, auf der anderen Seite habe sie aber kein Problem damit, dass für Milliarden von Euro die nach Russland aus der EU fließen, Putin seine Armee wird aufrüsten und mit seinen Raketen auf Warschau, Vilnius oder sogar Berlin zielen können.

Die Liste der Vorwürfe gegen die deutsche Regierung könnte man beliebig ausweiten, meint der Publizist. Darüber hinaus komme die Kritik in den letzten Monaten nicht nur aus Polen oder Litauen. Auch in der deutschen Öffentlichkeit würden sich Stimmen erheben, die die blinde Ergebenheit des Ex-Kanzlers Schröder gegenüber Moskau kritisieren. Die Argumente, so Pięciak weiter, würden bereits auf dem Tisch liegen. Dennoch werde die nächste Leitung wohl entstehen. Und so zerstöre der deutsche Egoismus die europäische Gemeinschaft.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Männer reifen spät

In einem umfangreichen Interview mit dem Blatt Dziennik/Gazeta Prawna kommentiert der ehemalige polnische Premierminister Leszek Miller das gängige politische Geschäft in Polen, spricht aber auch von allgemeinen politischen Mechanismen. Ob er sich an den kommenden Europa-Wahlen beteiligen werde stehe noch nicht fest, sagt er. Die Entscheidung werde wohl seine Ehefrau treffen, obwohl er der Ansicht sei, dass ihnen beiden, nach dem tragischen Selbstmord ihres Sohnes vor ein paar Monaten, der Umzug nach Brüssel gut tun würde, gibt der Politiker ehrlich zu.

Auf die Frage, wieso es in der Politik so viele Männer und nur wenige Frauen gäbe, antwortet Miller, Frauen würde auf der Liste ihrer Prioritäten oft das Familienleben ganz oben platzieren. Die Männer dagegen hätten den Nachteil, dass sie sehr spät eine gewisse Lebensreife erreichen würden. Er sei keine Ausnahme. Jahrzehntelang sei er davon ausgegangen , dass sein Familienleben allein der Politik untergeordnet sein müsse. Er sei oft um Mitternacht von der Arbeit nach Hause zurückgekehrt und habe keine Kraft mehr gehabt, sich mit der eigenen Familie zu unterhalten. Erst wenn die Enkelkinder zur Welt kommen, erreichen viele Männer die nötige Reife, Frauen würden viel schneller reifen, so Leszek Miller im Blatt Dziennik/Gazeta Prawna.

Autor: Jakub Kukla

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