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Wildschweine teilen die Polen

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 10.01.2019 12:33
Wilde Hysterie oder wildes Massaker? Unterschiedlicher können die Meinungen zur Reduktion des Wildschweinbestands nicht sein.
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Rzeczpospolita: Wildschweine teilen die Polen

Führendes Thema auf den Titelseiten ist die von der Regierung geplante umstrittene Reduktion des Wildschweinbestands durch Abschuss. Die tatsächliche Skala der Jagd, lesen wir dazu in der Rzeczpospolita, kenne niemand. Für Massenproteste, erinnert das Blatt, habe die Information gesorgt, dass allein im Januar 200 Tausend Tiere abgeschossen werden sollen. Geht es indes nach dem polnischen Jagdverband sei dies der Plan für das ganze Jahr, der den Abschuss von 185 Tausend Tieren von April 2018 bis Ende März 2019 vorsieht. Bis November, erinnert die Zeitung, seien 165 Tausend Wildschweine erlegt worden, was bedeute, dass noch etwa 20 Tausend bleiben. Zur endgültigen Zahl gebe es jedoch zu viele Unklarheiten, bei deren Aufklärung der Jagdverband nicht besonders hilfreich sei.

Offizielles Ziel der Aktion, erinnert Rzeczpospolita, sei die Eindämmung der afrikanischen Schweinepest. Doch laut einem Teil der Beobachter sei der Plan politisch motiviert: “Die Landwirte haben ein Problem, die PiS will sie für sich gewinnen und greift daher zu drastischen Mitteln”, zitiert die Zeitung Małgorzata Tkacz von der Grünen-Partei. Unter der Petition gegen den Abschuss habe die Koalition “Lasst sie leben” schon über 240 Tausend Unterschriften gesammelt.

Gazeta Polska Codziennie: Wilde Hysterie

Die Gazeta Polska macht indes darauf aufmerksam, dass die Gegner der Aktion in ihrer Argumentation die Statistiken manipulieren. So würden die Kritiker etwa vergessen, dass die Europäische Behörde für Nahrungssicherheit (EFSA) in Bezug auf die Schweinepest ausdrücklich zu einer “bedeutenden Vergrößerung des Abschusses aller Wildschweine” auf von der Krankheit noch nicht betroffenen Gebieten rate. Und die westlichen Nachbarn Polens würden dies offenbar verstehen. So habe Deutschland etwa, ohne jemanden nach seiner Meinung zu fragen, von einem Jahr aufs andere um 40 Prozent mehr Wildschweine abgeschossen und damit seinen historischen Rekord gebrochen. Laut gestern veröffentlichten Statistiken, seien im vergangenen Jahr in Deutschland fast 850 Tausend Wildschweine abgeschossen worden, lesen wir in Gazeta Polska Codziennie.

Gazeta Wyborcza: Das wilde Massaker ist sinnlos

Vor allem deute nichts darauf hin, dass der Abschuss der Wildschweine die Schweinepest stoppen werde, schreibt auf ihrer Titelseite die linksliberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Der Massenabschuss im Osten, erinnert das Blatt, habe die Ausbreitung der Krankheit nicht gestoppt. Die aufgescheuchten Tiere hätten begonnen, nach Westen zu flüchten. Gestern hätten daher 300 Wissenschaftler einen Brief an den Ministerpräsidenten gesendet, in dem sie den Abschuss als fatale Idee kritisieren. Statt zu töten, sei in dem Brief zu lesen, sollte man vor allem die Bauernhöfe vor der Krankheit absichern. Denn es seien schließlich nicht die Wildschweine, die den Virus in die Ställe tragen, sondern Menschen.

2017 noch, erinnert Gazeta Wyborcza, seien 74 Prozent der Bauernhöfe nicht ausreichend abgesichert gewesen. Die Regierung PiS, lesen wir, wolle die Landwirte jedoch nicht unter Druck setzen und setze daher auf eine spektakuläre Reduktion des Bestands. Dabei würde sogar ein großer Teil der Jäger aus ethischen Gründen die Teilnahme an der Aktion ablehnen, die sie einerseits zur Erlegung von schwangeren und stillenden Bachen zwingt und die Rolle der Tiere im Ökosystem nicht würdigt, so Gazeta Wyborcza.

Adam de Nisau

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