Von Baniewice bei Szczecin bis Bordeaux – polnische Weine sprießen in Europa

Nahe der deutsch-polnischen Grenze, in Babinki bei Stettin, werden auf 5 Hektar die Weinstämme Solaris und Souvignier Gris angebaut. Die Geschwister Anna und Artur Kojder wussten schon immer, dass Weinbau in Polen möglich ist. Alles rund um den Anbau lernten sie in Deutschland: in der Wissensfundgrube Freiburg und direkt bei Weinbauern. Ihr Ziel sind 20 Hektar statt den bisherigen 5, auf denen sie deutsche Sorten gedeihen lassen. Die Sorte Solaris ist relativ neu in Europa und wird seit 15 Jahren in großen Mengen angebaut. Souvignier Gris wurde in den 80er Jahren im staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg gezüchtet. Die Pilzwiderständige Sorte (fachlich PIWI) schmeckt ähnlich wie Pinot Blanc.

Anfangs setzten die Kojders auf Weißweinsorten wie Muscaris: Deutsche Weinreben eignen sich am besten zum Anbau in Nordpolen, wo die Böden zwar ertragreich sind, das Klima jedoch kalt und feucht ist. Beim Businessaufbau halfen EU-Regionalfonds: Auf 2 ha wuchsen die ersten 10 000 Sätzlinge. 2016 verkauften die Weinbauern 800 Flaschen, dieses Jahr schon 13 000. Anna und Artur Kojder planen, jedes Jahr neue Hektar anzukaufen, eine mehrstufige Weinstube zu bauen und ein gastronomisches Angebot samt Gästezimmern zu schaffen.

Größere Erfahrung im Weinbau hat die Familie Turnau ein Stück weiter auf der Landkarte, in Baniewice. Auf 28 Hektar werden Sorten angebaut, die am besten zum polnischen Klima angepasst sind. „Die Auswahl von Weinreben ist das allerwichtigste beim Weinbau“, sagt Zbigniew Turnau, Mitbesitzer des Weinguts. Das Weingut wurde von der Familie auf der Erfahrung von Spezialisten in Freiburg und Geisenheim aufgebaut, wo Sorten gezüchtet worden sind, die gegen schwere Wetterbedingungen und pilzbasierte Krankheiten immun sind. Solaris, Hibernal, Johanniter, Cabernet Corsa, Cantor, Rondo und Regent: Diese sog. Hybridreben machen 70 % des Anbaus in der Region aus. Die restlichen 30 bestehen aus Edelsorten wie Riesling, Chardonnay und Pinot Noir. Dieses Jahr sehe für das Turnau-Weingut fruchtbar aus, denn sie planen, 130 000 Flaschen des Jahrgangs 2018 zu verkaufen.

Der polnische Weinbau ist noch im Anfangsstadium, meint Artur Kojder. Es wird geschätzt, dass in Polen ca. 1 000 ha registrierte Weinfelder existieren; vergleichsweise wird in Deutschland auf 100 000 ha Wein angebaut.

Somit haben die Polen eine breite Zukunft mit vielen Möglichkeiten in der Branche. Zwar sei der Anbau in Ländern mit Weintradition einfacher, jedoch nutzen polnische Unternehmer deutsches Wissen und Unterstützung aus. Das Ergebnis: kleine und große Auszeichnungen wie der „Goldene Korken“ für den 2017 Cuvée der Kojders oder der 4. Platz bei der Austrian Wine Challange in Wien in der Kategorie seltener Weine. Von 800 Weinen wurde Solaris der Familie Turnau gewählt – der preisgekrönte Wein wird bei Flügen des Anbieters LOT serviert und ist in Deutschland und sogar in Bordeaux erhältlich.

rzeczposplita/sr