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Donald Tusk vor Gericht

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 18.04.2018 11:39
Nächste Woche soll der ehemalige polnische Premierminister und amtierende EU-Ratspräsident vor dem Kreisgericht in Warschau aussagen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk EU-Ratspräsident Donald Tusk Rada Europejska/© European Union

FAKT: Donald Tusk vor Gericht

Nächste Woche soll der ehemalige polnische Premierminister und amtierende EU-Ratspräsident vor dem Kreisgericht in Warschau aussagen. Donald Tusk wurde als Zeuge im Prozess seines ehemaligen Kanzleichefs Tomasz Arabski vorgeladen, informiert die Tageszeitung Fakt. Arabski ist einer der fünf Organisatoren des tragischen Besuchs des polnischen Präsidenten Lech Kaczyński in Smoleńsk im Jahr 2010, bei dem alle Passagiere - der Präsident sowie 95 weitere Personen - ums Leben gekommen waren.

Arabski und vier weiteren Beamten droht wegen Nichterfüllung ihrer Pflichten bei der Organisation des Fluges eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren, lesen wir weiter. Die Klage stammt von Angehörigen der Opfer. Der angeklagte Tomasz Arabski weist die Vorwürfe zurück. Er sei unschuldig, stellte Arabski im August 2016 vor dem Gericht fest. Weder er, noch die Kanzlei des Premierministers habe sich an der Veranstaltung der Visite des polnischen Präsidenten in Smoleńsk beteiligt, meint Arabski. Höchstwahrscheinlich wird Donald Tusk diese Version bestätigen. Bereits am 23. April soll der EU-Politiker das Gebäude des Warschauer Gerichts betreten, schreibt die Tageszeitung Fakt.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Droht dem Ex-Premier eine Haftstrafe?

Einem eventuellen Kompromiss zwischen Polen und der Europäischen Kommission könnte aber die Haltung des EU-Ratspräsidenten Schaden hinzufügen, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Geht es nach dem Blatt, habe der ehemalige polnische Regierungschef Donald Tusk die Gespräche zwischen Warschau und Brüssel bislang mit Distanz betrachtet. Ein polnischer Diplomat äußerte die Meinung, dass sich Tusk für Polen nicht besonders aktiv einsetze, er versuchte die Verhandlungen aber auch nicht zu beeinträchtigen. Nun habe aber ein Brüsseler Beamter bekanntgegeben, dass Donald Tusk die Meinung verbreitet, die Regierung der PiS-Partei möchte ihn und seinen Sohn verhaften und im Gefängnis einsperren.

Dies sorge für keine gute Atmosphäre in den Beziehungen mit Brüssel, führt das Blatt fort. Diese These bestätige in den Augen der Regierungskritiker die Festnahme eines wichtigen Politikers der oppositionellen Bürgerplattform (PO), der Schmiergelder in Empfang genommen haben soll. In öffentlichen Debatten werde die Entscheidung der polnischen Staatsanwaltschaft von der Opposition vor allem als Element eines politischen Racheaktes vorgestellt. Und nächste Woche soll doch Donald Tusk vor dem Warschauer Kreisgericht aussagen. Kritiker werden seine Vorladung nach Warschau bestimmt als eine politische Intrige der PiS-Partei vorstellen wollen. Diese Deutung könnte wiederum die Beziehungen zwischen Warschau und Brüssel schaden, auch wenn der Termin von dem polnischen Gericht bereits vor Monaten festgelegt worden war, so Dziennik/Gazeta Prawna.

RZECZPOSPOLITA: Friedlichere Töne in Warschaus Kontakten mit Brüssel

Geht es nach dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verstieß Polen mit der Abholzung im geschützten Białowieża -Urwald gegen das Naturschutzrecht der Union. Die Ausbreitung des Borkenkäfers rechtfertige nicht die großangelegte Abholzung in dem Urwald, hieß es in der Begründung des Urteils. In den Erklärungen des polnischen Umweltministers fanden die Richter keine Logik und teilten die Einstellung der Europäischen Kommission, die gegen Polen Klage erhob, schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita. Und fügt hinzu, dass das Urteil für die polnische Seite verheerend ausgefallen war. Dennoch sei die Regierung in Warschau zu weiteren Zugeständnissen bereit, denn in den Kontakten in Brüssel sei seit mehreren Monaten ein neuer, milderer Ton zu verzeichnen, lesen wir weiter.

Drei Themenbereiche, so das Blatt, hätten für Konfliktstoff in den Beziehungen zwischen der konservativen polnischen Regierung und den hochrangigen Brüsseler Beamten gesorgt: die im Białowieża-Urwald angeordnete Abholzung, die Aufnahme von Flüchtlingen in Anlehnung an den Quotenmechanismus sowie der Stand der Rechtsstaatlichkeit in Polen. Noch vor kurzem hätten sich polnische Politiker in all diesen Fragen geweigert, auch nur einen Zentimeter nachzugeben. Nach dem Regierungsumbau von Dezember hätten sich jedoch neue Perspektiven eröffnet. Der neue polnische Umweltminister Henryk Kowalczyk habe bereits angekündigt, er werde das Urteil des Europäischen Gerichtshofs respektieren. Sein Vorgänger sei in dieser Hinsicht entgegengesetzter Meinung gewesen.

Auch wenn es um die Justizreform gehe, hätten die Gespräche zwischen Warschau und Brüssel einen neuen Stand erreicht. Nach der jüngsten Visite von Frans Timmermans in der polnischen Hauptstadt, spreche man immer häufiger von einem möglichen Kompromiss, berichtet die Tageszeitung Rzeczpospolita.

Jakub Kukla

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