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Antipolnische Reportage für deutsches Geld

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 04.01.2018 09:22
Ein ARTE-Dokumentarfilm sorgt für heftige Emotionen in der polnischen Presse.
EU-Abgeordnete Róza ThunEU-Abgeordnete Róza Thunyoutube.com/arte

FAKT: EU-Abgeordnete sieht sich als eine Demokratieverteidigerin

Die Reportage „Polen vor der Zerreißprobe“ liefere keine neuen Erkenntnisse über die nationale Wende unter Ägide der PiS-Partei. Sie zeige aber eindrücklich, wessen Geistes Kind seitdem durch das Land spukt, schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung über eine Dokumentation von Annette Dittert, die im deutsch-französischen Kanal Arte gezeigt wurde.

Anders sieht es aber ein Teil der polnischen Presse. Die zentrale Figur des Dokumentarfilmes „Polen vor der Zerreißprobe. Eine Frau kämpft um ihr Land” ist die EU-Abgeordnete der derzeit oppositionellen Partei Bürgerplattform (PO) Róża Thun. Sie wird als eine Person vorgestellt, die als ehemalige Sprecherin der Studentenorganisation der Solidarność an der Wende 1989 wesentlich mitbeteiligt war. Nach dem Fall des Kommunismus warb sie leidenschaftlich und erfolgreich für den polnischen EU-Beitritt. Nun aber sehe sie sich erneut dazu gezwungen, auf die Straße zu gehen und um die Demokratie zu kämpfen. Laut Thun steuere der gegenwärtige Kurs der konservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) auf ein autokratisches System zu.

Der Film sorgte für heftige Emotionen in der konservativen polnischen Presse. Die Tageszeitung Fakt bezeichnet den Film als kontrovers und fasst die Meinungen vieler polnischer Internetnutzer zusammen.

Schande, eine solche Spottschrift habe er noch nie gesehen, schreibt einer der Internetnutzer, den das Blatt zitiert. Wieso zeige ein öffentliches deutsches Fernsehprogramm einen aus öffentlichen Geldern finanzierten antipolnischen Propagandafilm mit einer polnischen EU-Abgeordneten in der Hauptrolle? - fragt wiederum ein anderer.

In einem Gespräch mit dem Blatt zeigt sich Róża Thun über die negativen Kommentare verblüfft. Der Regisseurin war viel daran gelegen, ein positives Bild von Polen zu vermitteln. Für viele Menschen seien Werte wie Freiheit und Demokratie wichtig. Der Film zeige, dass nicht alle Polen so wie die PiS-Partei seien, meint die Politikerin.

DO RZECZY: Propaganda für öffentliche Gelder?

Auch die konservative Wochenzeitschrift Do Rzeczy macht auf die Reportage aufmerksam. Vor wenigen Tagen stimmte die EU-Abgeordnete Róża Thun für die Resolution des Europäischen Parlaments in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit in Polen. Nun taucht sie in einem deutschen Dokumentarfilm auf über die, ihrer Ansicht nach, antidemokratische Entwicklung in Polen – einem Land, das sich auf dem Weg zur Diktatur befindet.

Polen wird als ein Land gezeigt in dem regierungskritische Manifestationen von der Polizei brutal niedergeschlagen werden und die Macht, die sich allein in den Händen von Regierungsparteianführer Jarosław Kaczyński befinde, die Bürgerrechte einschränke. Jahrzehntelang hätten die Polen um die Demokratie gekämpft. Und nun wolle es die PiS-Partei zerstören. Dies führe zu einer Diktatur, aber das werden sie nicht zulassen, donnert die Politikerin in dem Film. Statt eines Kommentars erinnert die Wochenzeitschrift Do Rzeczy nur, dass der Kultursender Arte von der Bundesregierung finanziert wird.

RZECZPOSPOLITA: Orban rettet Polen

Die Tageszeitung Rzeczpospolita fasst den Antrittsbesuch des polnischen Premierministers Mateusz Morawiecki in Budapest zusammen. Die Regierungen von Polen und Ungarn sehen sich in ihrer harten Flüchtlingspolitik von den jüngsten Wahlergebnissen in der EU bestätigt. Bei einem gemeinsamen Treffen in Budapest erklärten Morawiecki und Orban, dass sie Flüchtlingsquoten ablehnten. Beide Politiker forderten auch mehr Einfluss in der EU. Sie sprachen darüber hinaus über gemeinsame polnisch-ungarische Wirtschaftsprojekte sowie eine gemeinsame Strategie bei den anstehenden Verhandlungen zum EU-Haushalt, lesen wir.

Da Polen die Einführung des Artikels 7 der EU-Verträge droht, ist Budapest für Warschau zum Schlüsselpartner geworden, schreibt das Blatt. Der Schritt gilt als schärfste Maßregelung gegen Mitgliedstaaten und kann zum Entzug von Stimmrechten führen, wenn alle anderen EU-Länder dafür stimmen. Ungarns Premierminister hat bislang als einziger EU-Regierungschef die Pläne der Kommission kritisiert und angekündigt, gegen die Maßnahme zu stimmen und damit Polen Rückendeckung zu geben. Das Ziel wurde erreicht, stellt das Blatt fest. Orban hat gestern seine Haltung bestätigt. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz hat man das Thema jedoch nicht erwähnt. Allem Anschein nach wollte Polens Premierminister sich nicht als Orbans Bittsteller präsentieren, so Rzeczpospolita.

Jakub Kukla

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