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Wie wird es weitergehen mit der Justizreform?

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 11.08.2017 12:39
Am Samstag tritt das einzige Gesetz der Justizreform in Kraft, das Präsident Andrzej Duda nicht mit seinem Veto belegt hat.
Krystian Dobuszyński/IAR

Rzeczpospolita: Droht Justizminister Ziobro die Marginalisierung?

Am Samstag tritt das einzige Gesetz der Justizreform in Kraft, das Präsident Andrzej Duda nicht mit seinem Veto belegt hat, erinnert in der aktuellen Ausgabe der Rzeczpospolita der Publizist Tomasz Pietryga. Und obwohl das Projekt vor dem Hintergrund der drohenden Änderungen im Obersten Gerichtshof weit weniger kontrovers diskutiert worden sei, als die beiden blockierten Reformen, ziehe die morgen in Kraft tretende Novelle die wichtigsten Änderungen in der polnischen Justiz nach sich.

Ein Teil der eingeführten Lösungen, werde die Transparenz der Gerichtsverfahren vermutlich erhöhen. Die Reform enthalte jedoch auch gefährliche Vorschriften, die die Macht des Justizministers über die Gerichte deutlich ausweiten. Unter anderem werde Zbigniew Ziobro innerhalb der kommenden sechs Monate ohne Begründung die Gerichtsvorsitzenden aller Instanzen austauschen können. Eine natürliche Folge der Änderungen an der Spitze, werde vermutlich auch der Austausch der Vizevorsitzenden und der Abteilungschefs sein, de facto also der ganzen Führungsstruktur. Eine wahrlich atomare Lösung, bei der sogar die potentielle Entlassung einiger zig Richter im Obersten Gerichtshof verblasse, beobachtet Pietryga.

Wie werde es weitergehen mit der Justizreform in Polen? Nach den zwei Vetos des Präsidenten, spekuliert der Publizist, werde PiS-Chef Jarosław Kaczyński sicherlich nicht auf eine Fortsetzung der Justizreform verzichten. Der Schwerpunkt der Arbeiten werde sich jedoch auf den Präsidenten und das Parlament verschieben, wodurch der Einfluss des Justizministers auf die Änderungen weitgehend beschnitten werde. Offen bleibe, ob Kaczyński dem Präsidenten seine Vetos vergibt, oder die Projekte des Staatsoberhauptes während der Parlamentsarbeiten in Schutt und Asche verwandelt. Eines sei sicher: Durch die Vetos hätten die Reformen an Schwung verloren und die PiS sei gezwungen, stärker als bisher auf Dialog zu setzen. Und das sei zweifellos eine positive Entwicklung, so Tomasz Pietryga in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Ende des Smoleńsk-Gedenkens in Sicht

Erstmals ist ein Ende des allmonatlichen Gedenkens an die Opfer des Flugzeugabsturzes von Smoleńsk vor dem Präsidentenpalast in Warschau in Sicht, schreibt nach der gestrigen 88. “miesięcznica” - was so viel wie Monatsjubiläum bedeutet - die linksliberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Geplantes Ende der Märsche sei, laut PiS-Chef Jarosław Kaczyński, der 10. April 2018. Geht es nach Kaczyński, sollen bis zu diesem Zeitpunkt im Warschauer Stadtzentrum Denkmäler stehen, die an den Flugzeugabsturz erinnern. Am achten Jahrestag der Katastrophe sollen auch alle erfahren, wie es zur Katastrophe gekommen sei, unabhängig davon, wie die Diagnose lauten werde. “Dann, nach 96 Monaten, werden wir “Schluss” sagen können, da wir gesiegt haben”, so Kaczyński.

Damit, beobachtet Gazeta Wyborcza, habe Kaczyński auch der Staatsanwaltschaft und der Untersuchungskommission eine klare Deadline für ihre Ermittlungen gesetzt. Bemerkenswert, so Gazeta Wyborcza, sei, dass in der gestrigen Rede des PiS-Chefs erstmals weder von Gefallenen, noch von einem Anschlag die Rede gewesen ist. Auch Verteidigungsminister Antoni Macierewicz, der “oberste Priester der Smoleńsk-Religion”, wie ihn die Gazeta Wyborcza nennt, habe gefehlt. Zur Absicherung des Marsches seien gestern über 2,5 Tausend Polizisten nach Warschau angereist, so Gazeta Wyborcza.

Gazeta Polska Codziennie: Der Flügel der Tupolev ist vor der Birke zerfallen

Derweil in der regierungsnahen Gazeta Polska Codziennie neue Hypothesen zur schon erwähnten Smoleńsk-Katastrophe. Das Blatt zitiert in der aktuellen Ausgabe ein Interview von Prof. Kazimierz Nowak für den nationalkonservativen TV-Sender Republika. Der Wissenschaftler vertritt darin die These, dass der linke Flügel der Tupolew noch vor dem Zusammenprall mit der Birke auseinandergefallen ist. Zu dieser Schlussfolgerung, so Nowak, sei man anhand einer Rekonstruktion des linken Flügels und von Satellitenbildern gekommen. Zu denken gebe besonders die Tatsache, dass der Flügel in hunderte von Einzelteilen zerfallen sei, obwohl Aluminium ein flexibles Metall ist. Dies sei ein Beweis, dass die Destruktion des Flügels noch vor dem Zusammenstoß mit dem Baum begonnen habe und dabei enorme Kräfte im Spiel gewesen seien.

Die Reaktion des russischen Botschafters auf die neuesten Theorien des parlamentarischen Untersuchungsausschusses um Verteidigungsminister Antoni Macierewicz ist eher verhalten: “Herr Macierewicz spricht schon seit Jahren von einer Explosion. Beweise für diese Theorie hat es nie gegeben und daran hat sich nichts geändert. Alles also nicht der Rede wert”, zitiert die Gazeta Polska Codziennie die Aussage des Botschafters für die Tageszeitung Rzeczpospolita.

Adam de Nisau

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