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Revolution im Gerichtswesen

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 13.07.2017 11:50
Noch nie haben Politiker so tief in das Gerichtswesen eingegriffen wie jetzt.
pixabay.com/Public Domain/CC0

RZECZPOSPOLITA: Revolution im Gerichtswesen

Noch nie haben Politiker so tief in das Gerichtswesen eingegriffen wie gestern, schreibt in seinem Kommentar der Chefredakteur der Tageszeitung Rzeczpospolita, Bogusław Chrabota. Trotz eines Boykotts seitens der oppositionellen Politiker setzten die Regierenden bei der gestrigen Abstimmung im Parlament die kontroverse Reform des Gerichtswesens durch. Den Weg dafür ebnete das Verfassungsgericht mit seiner Entscheidung von vor drei Wochen. Dem Urteil der Verfassungsrichter zum Nationalen Rat für Gerichtswesen (KRS) war zu entnehmen, dass das aktuell für das Gremium geltende Wahlverfahren verfassungswidrig war. Ein Teil der Juristen stellte zwar das Urteil in Frage, für Justizminister Zbigniew Ziobro bedeutete die Entscheidung jedoch ein grünes Licht, denn eine der Reformen bezieht sich unter anderem auf das Wahlverfahren der Mitglieder des Nationalen Rates für Gerichtswesen - des wichtigsten juristischen Gremiums landesweit. Die Reform sieht vor, dass alle Mitglieder des Rates die bislang von Juristengremien gewählt wurden, ihre Stellen verlieren sollen. Ihre Nachfolger werden von Juristen und Parlamentariern ernannt.

Eine andere Änderung sieht vor, dass in den kommenden Monaten der Justizminister jeden Gerichtsvorsitzenden in Polen ohne Begründung wird feuern und diesen Posten seinem Vertrauten sichern können. Man kann den Regierenden zwar nicht direkt vorwerfen, dass die Reformen gegen die Unabhängigkeit der Richter verstoßen. Doch die Praxis zeigt, dass die Regierungspartei PiS bei den Nominierungen vor allem die eigenen Parteiinteressen verfolgt, meint Chrabota. In diesem Kontext könnte das zum wachsenden Opportunismus in den juristischen Gremien führen. Bald könnte es eine Anzahl von Juristen gäben, die besorgt um den Verlauf ihrer Karriere, ihre Unabhängigkeit in der Schublade verstecken könnten, prophezeit Bogusław Chrabota in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

DO RZECZY: Die Helden von damals

Ein wichtiges Thema für die konservative Presse sind die jüngsten Diskussionen um die jeden Monat stattfindende Gedenkfeier an den vor sieben Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Präsidenten Lech Kaczyński. Seit mehreren Monaten versuchen Regierungskritiker den Verlauf der Kundgebungen zu beeinträchtigen. Vor der letzten Gedenkfeier am 10. Juli haben sowohl Alt-Präsident Lech Wałęsa als auch der ehemalige Solidarność-Oppositionelle aus Niederschlesien, Władysław Frasyniuk, ihre Teilnahme an den Gegendemonstrationen angekündigt.

Geht es nach dem Publizisten Rafał Ziemkiewicz, verstünden Wałęsa und Frasyniuk die Veränderung der letzten Monate immer noch nicht, lesen wir in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy. Erstens werden die monatlichen Gedenkfeiern von niemandem als ein Verstoß gegen Freiheit und Demokratie angesehen. Wenn, dann sieht man darin eine unangebrachte Zeremonie, über die man sich überhaupt nicht aufregen sollte.

Zweitens fungieren die ehemaligen Hauptfiguren der Arbeiterbewegung weiterhin als Helden, aber vor allem in den eigenen Augen. Der Titel eines Solidarność-Helden bedeutet immer weniger, weil selbst der Bezeichnung „Solidarność” eine immer geringere Bedeutung zuerkannt wird. Wenn Wałęsa und Frasyniuk zu einer Revolution aufrufen sei es, als ob ein berühmter Schlagersänger aus den 70-er Jahren ankündigen würde, dass er noch einmal mit seiner alten Band auf Tour gehen will. Die Nachricht würde sicherlich für Aufregung sorgen, der eine oder andere würde vielleicht sogar eine Konzertkarte kaufen, aber zu einem Durchbruch in der Musikbranche würde es ganz sicher nicht führen, meint Rafał Ziemkiewicz.

Jakub Kukla

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