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Drei Kollisionen der Regierung und der Kirche

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 26.04.2017 12:57
Regierung und Kirche gelten in Polen als Verbündete. Bei welchen Themen gibt es trotzdem Meinungsunterschiede?
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Rzeczpospolita: Nach Paris nur über Berlin

Le Pen oder Macron - kaum eine andere Frage bewegt Europa derzeit so stark, wie diese. Polen, schreibt in seinem Kommentar zu der nahenden Stichwahl zwischen den beiden französischen Politikern der Publizist der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita Andrzej Talaga, sei leider auf keines der beiden Szenarien vorbereitet. Denn sowohl die von Le Pen vorgeschlagene Dekonstruktion der EU, als auch Macron´s Vision eines noch stärker integrierten europäischen Superstaats, seien mit Polens Interessen inkompatibel: Die Verwirklichung von Le Pen´s Wunschtraum würde für Polen ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko nach sich ziehen, Macron´s Integrationskurs indes sei für die wichtigsten politischen Kräfte an der Weichsel zu radikal. Zudem würde seine Umsetzung direkt zu einem Europa zweier Geschwindigkeiten führen, in dem Polen viel weniger zu sagen hätte, als bisher.

Die Lösung: Warschau sollte wieder verstärkt die Nähe zu Berlin suchen. Polen stelle für Deutschland ein politisch-wirtschaftliches Sicherheitspuffer dar. Als Lieferant zähle das Land auch zu den wichtigsten Säulen des deutschen Exports. All das gebe genug Kraft, um der Wiederkehr eines deutsch-französischen Duopols in der EU entgegenzuwirken und die zentralistischen Tendenzen Macron´s zu mildern, wenn er denn tatsächlich zum Präsidenten der Republik gewählt werden sollte.

Fazit: Der Weg von Warschau nach Paris führe über Berlin, und zwar nicht nur im wörtlichen Sinne, schreibt in seinem Kommentar der Publizist der Rzeczpospolita, Andrzej Talaga.

Gazeta Wyborcza: Drei Kollisionen der Regierung und der Kirche

Regierung und Kirche gelten in Polen als Verbündete. Bei welchen Themen gibt es trotzdem Meinungsunterschiede?

Die Regelung der Abtreibung, die Exhumierung der Opfer der Smoleńsk-Katastrophe sowie die Flüchtlingspolitik - geht es nach der linksliberalen Gazeta Wyborcza sind das die Bereiche, in denen sich die beiden Lager am meisten in die Haare geraten.

Im Frühling 2016, erinnert das Blatt, haben die Bischöfe Druck auf die Regierungspartei ausgeübt, die Abtreibungsgesetze “in Richtung eines vollen Schutzes ungeborenen Lebens” zu verschärfen. Infolge heftiger Proteste, habe sich die Recht und Gerechtigkeit (PiS) jedoch aus diesen Reformplänen vorerst zurückgezogen. Zweites Problem in den beiderseitigen Beziehungen sei die Entscheidung der Staatsanwaltschaft über obligatorische Exhumierungen der Smoleńsk-Opfer gewesen. Ein Teil der betroffenen Familien habe entschieden gegen die Exhumierungen protestiert und Unterstützung in der Kirche gesucht. Ohne Erfolg. Die Regierung hielt an der Entscheidung der Staatsanwälte fest. Schließlich die Flüchtlingsfrage: Hier komme die Kirchenlehre den PiS-Politikern besonders ungelegen.

Der Papst, erinnert die Gazeta Wyborcza, habe an Pfarreien und Orden in ganz Europa appelliert, Familien aus der vom Krieg geplagten Region bei sich aufzunehmen. Aus diesem Grund habe die von der Bischofskonferenz beaufsichtigte Caritas vorgeschlagen einige zig Flüchtlinge über humanitäre Korridore nach Polen zu bringen. Nach monatelangen Verhandlungen, erinnert das Blatt, musste der Vorsitzende der Konferenz schließlich zugegeben, dass er bei der Regierung auf Widerstand gestoßen ist. Nun werben die Geistlichen für ein anderes Projekt der Caritas, dass sich mehr auf die Unterstützung für Flüchtlinge vor Ort konzentriert.

Trotz dieser Unstimmigkeiten - insgesamt sei die Wertegemeinschaft zwischen der Regierung und der Kirche aber weiterhin relativ stark, was unter anderem die aktive Teilnahme sowohl von Regierungspolitikern als auch dem Präsidenten am kirchlichen Leben in Polen zeigt, konkludiert die Gazeta Wyborcza.

Dziennik/Gazeta Prawna: 44 Prozent für Tusk als Präsidenten

Und zum Abschluss noch kurz die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage für Dziennik/Gazeta Prawna. Die Regierungspartei hat sich mit ihrer gegen EU-Ratspräsident Donald Tusk gerichteten Kampagne offenbar verrechnet und die Chancen des ehemaligen Ministerpräsidenten bei einem potentiellen Kampf um den Präsidentenposten 2020 vergrößert, schreibt das Blatt. So sieht das jedenfalls 44 Prozent der Befragten. Andererseits sei es PiS-Chef Kaczyński aber auch gelungen, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Tusk anderes im Sinn hat, als die Verteidigung polnischer Interessen. Die Frage, ob Tusk sich mehr um die Interessen Deutschlands sorge, als die seines Heimatlandes, haben immerhin 40 Prozent der Befragten mit einem “ja” beantwortet. 37 Prozent waren der gegensätzlichen Meinung, 23 Prozent antworteten mit einem “schwer zu sagen”, lesen wir in Dziennik Gazeta Prawna.

Adam de Nisau

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