Logo Polskiego Radia
Print

Polnischer Kulturkampf

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 10.01.2017 10:08
Die Spannung, die man derzeit im Land spüren kann, ist ein klassischer Konflikt zwischen dem Zentrum und den Peripherien.
Bild: https://www.flickr.com

WPROST: Polnischer Kulturkampf

In einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift Wprost erklärt der Politologe von der Warschauer Universität, Professor Rafał Chwedoruk die Quellen des politischen Konflikts und der sich vertiefenden gesellschaftlichen Spaltung in Polen.

Die Spannung, die man derzeit im Land spüren kann, ist ein klassischer Konflikt zwischen dem Zentrum und den Peripherien, ein gesellschaftlicher Streit zwischen denjenigen, die liberaler gesinnt sind und eine offene Gesellschaft anstreben und solchen, die etwas traditioneller sind, und schnelle Veränderungen der Sitten nicht akzeptieren wollen. Was habe es jedoch mit der Besatzung des Rednerpultes im Plenarsaal des Sejm zu tun?

Ein Teil der Opposition versuche aus jedem Thema einen Streitpunkt zu machen und es als einen Anschlag auf die Demokratie vorzustellen. Diese Aktivitäten werden von einem großen Teil der Eliten unterstützt. Deshalb bekommen sie mindestens für einen Moment große mediale Dynamik. Zumal, dass die Regierenden ihrerseits auf die Aktivitäten der Opposition eine Antwort zu finden versuchten. Aber nach einer kurzen Zeit stelle sich heraus, dass das Thema doch nicht so tragend ist, wie es sich die Opposition erhofft hatte, weil es entweder zu abstrakt ist, oder nur die Wähler mobilisiere, die sich sowieso gegen die Regierungspartei wenden, meint der Politologe.

In diesem Kontext sei die Parlamentskrise der letzten Wochen nichts Außergewöhnliches, meint Chwedoruk. Schon vor 10 Jahren habe die erste Etappe des großen nationalen Konflikts begonnen, der die Spaltung in der polnischen Gesellschaft zeigte. Die Spaltung symbolisierten damals die Parteien Recht und Gerechtigkeit (PiS) und die Bürgerplattform (PO). Es handele sich weitaus um einen Konflikt zwischen Menschen, die die Folgen der politischen Umwandlungen nach 1989 ausnutzen konnten, und Menschen die davon profitiert haben und auf der anderen Seite diejenigen, die sich von den politischen Eliten im Stich gelassen fühlen. Der heutige Streit sei nur das nächste Kapitel dieser Geschichte. Die Spannung sei aber umso größer, dass die Bürgerplattform (PO) die Macht nach acht Jahren verloren hatte. In einer jungen Demokratie müsse eine solche Situation große politische und gesellschaftliche Turbulenzen mit sich bringen, meint der Politologe, Professor Rafał Chwedoruk im Gespräch mit der Wochenzeitschrift Wprost.

NEWSWEEK: Krebs und Politik

In der Wochenzeitschrift Newsweek beschriebt der Onkologe, Professor Cezary Szczeklik die Situation der Krebskranken in Polen. In einem Gespräch unter dem vielsagenden Titel „Ich hätte Angst, Patient zu sein” erinnert Szczeklik, dass jedes Jahr über 90 Tausend Menschen in Polen an Krebs sterben. Jeder Dritte von dieser Gruppe könnte leben, würde man das Gesundheitswesen in Polen umstrukturieren. Schuld an der Situation tragen die Politiker, sagt der Arzt.

Die Patienten die gerade erfahren haben, dass sie Todkrank seien, richteten ihre Frustration und Angst oft gegen den Arzt. Für die Patienten sei eben der Arzt ein Vertreter des Systems. Manchmal verhalten sich die Menschen aggressiv, er könne es aber verstehen - die Reaktionen auf eine solche Nachricht seien sehr verschieden. Doch die meisten onkologischen Patienten seien sehr pragmatisch. Sie glaubten an die Versprechen der Politiker nicht. Sie wussten, wie die Wirklichkeit aussehe: man müsse in langen Warteschlangen stehen, für einen Teil der Untersuchungen müsse man selbst zahlen, obwohl man ihnen versprochen habe, dass sie weniger für Medikamente zahlen werden, kosten die Arzneimittel im Grunde genommen mehr.

Ihn wundere die Einstellung der Politiker. Krebskranke seien eine große Wählergruppe, ihre Familien dazu gezählt seien es mindestens zwei Millionen Menschen. Man müsse doch blind sein, um nicht zu sehen, wie wichtig diese Gruppe beim kommenden Wahlausgang sein könnte, so der Onkologe, Professor Cezary Szczeklik im Magazin Newsweek.

Autor: Jakub Kukla

tags:
Print
Copyright © Polskie Radio S.A