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Ein Polen zweier Ministerpräsidenten

PR dla Zagranicy
Joachim Ciecierski 29.09.2016 14:00
Finanzminister Paweł Szałamacha muss gehen, die Kontrolle über das Finanzministerium übernimmt ab jetzt Vizepremier und Entwicklungsminister Mateusz Morawiecki
Photo: pixabay.com

Rzeczpospolita/Dziennik Gazeta Prawna: Ein Polen zweier Ministerpräsidenten

Finanzminister Paweł Szałamacha muss gehen, die Kontrolle über das Finanzministerium übernimmt ab jetzt Vizepremier und Entwicklungsminister Mateusz Morawiecki -
die gestrigen Personaländerungen in der Regierung gehören zu den führenden Themen in den heutigen Tageszeitungen.

Nach dem lang erwarteten Regierungsumbau, ist Morawiecki nun doppelter Minister und zugleich auch Chef des Wirtschaftsausschusses des Ministerrates, der die Arbeit aller Wirtschaftsressorts koordiniert. Eine notwendige Entscheidung, schreiben in der Rzeczpospolita Bogusław Chrabota und Paweł Jabłoński. Denn von der angekündigten Belebung der Wirtschaft sei bisher weit und breit nichts zu sehen, die Verschuldung wachse, die Zahl der Investitionen sinke, die Personalpolitik des abberufenen Staatsschatzministers sowie des Verteidigungsministers kompromittiere die Regierung und die geplante Steuer für Supermärkte sei von der Europäischen Kommission blockiert worden. Mehr als Grund genug, um radikale Korrekturen vorzunehmen.

Nach dem “Lifting” haben die Wirtschaftsreformen der PiS nicht mehr nur ein Gesicht, sondern auch einen Regisseur - Vizepremier Morawiecki trage fortan die ganze Verantwortung für die Reformen auf seinen Schultern. Und er habe auch alle Instrumente in seiner Hand, um die Pläne umzusetzen. Es sei eine gute Änderung, wenn auch sehr riskant für den Vizepremier, der nun keine Möglichkeit mehr haben werde, Misserfolge jemandem anders zuzuschreiben, als sich selbst. Morawiecki habe, wie es in dem bekannten Lied so schön heißt, ein “one-way Ticket” von der Ministerpräsidentin erhalten, so Chrabota und Jabłoński in der Rzeczpospolita.

Dziennik Gazeta Prawna macht derweil darauf aufmerksam, dass die Änderungen die Position von Ministerpräsidentin Beata Szydło erheblich schwächen und spricht sogar von einem Polen zweier Ministerpräsidenten. Beata Szydło gebe, wie das Blatt betont, mit dieser Nominierung den Großteil der realen Macht an Morawiecki ab. Sie werde keine wichtigen Entscheidungen mehr treffen können, ohne sich mit ihrem Stellvertreter konsultieren zu müssen, lesen wir in Dziennik Gazeta Prawna.

Gazeta Wyborcza: Wie geht´s weiter mit dem Abtreibungsgesetz?

Die linksliberale Gazeta Wyborcza fragt sich heute indes, ob der PiS-Chef dem Druck von Seiten der radikalen Abtreibungsgegner nachgeben wird. Der Streit um die Abtreibung komme Kaczyński sehr ungelegen, lesen wir in dem Blatt. Denn nach dem Konflikt um das Verfassungsgericht, Protesten im Gesundheitswesen und der Justiz bringt er nun auch die Frauen gegen die Regierung auf und eröffnet eine neue Front.

Während der vergangenen Amtszeit, erinnert Wyborcza, habe die Recht und Gerechtigkeit radikale Anti-Abtreibungsprojekte unterstützt, da sie wusste, dass diese von der parlamentarischen Mehrheit sowieso abgelehnt werden. Nun wollen pro-life Unterstützer aber Taten sehen, wodurch es weitaus schwieriger sein werde, das Projekt unter den Teppich zu kehren und im parlamentarischen Ausschuss zu ersticken.

”Das ist aber vermutlich der einzige Ausweg für uns, da wir zu Geiseln unserer eigenen Versprechen geworden sind”, zitiert die Wyborcza einen anonymen PiS-Politiker. Geht es indes nach Vertretern der Opposition werde die Entscheidung Kaczyńskis in dieser Frage vor allem von der Skala der Proteste abhängen. “Wenn die Demonstrationen zahlreich sein werden, dann wird die PiS das Projekt im Ausschuss ersticken. Wenn nicht, wird Abtreibung im Fall von Vergewaltigung, Inzest oder schwerer Behinderung des Fötus verboten, was das Leben vieler Frauen zur Hölle machen wird”, prognostiziert im Gespräch mit der Gazeta Wyborcza die PO-Abgeordnete Joanna Mucha.

Autor: Adam de Nisau

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