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"Polnischer Breivik" und antideutsche Parolen in Schlesien

PR dla Zagranicy
Markus Nowak 26.11.2012 12:27
Den vergangenen Dienstag vereitelten Anschlag von Brunon K. auf das polnische Parlament arbeiten nun die Wochenmagazine auf.

WPROST: Well done ABW?

Den vergangenen Dienstag vereitelten Anschlag des Extremisten Brunon K. auf das polnische Parlament und weitere Staatsorgane arbeiten nun die Wochenmagazine auf – und sie liefern Hintergründe zu den Ermittlungen. Ein Blick in das Blatt „Wprost“ erscheint da interessant, da dabei die Kulissen der abgewehrten Tat beleuchtet werden. So war der vereitelte Täter jemand, der sich damit auskannte, was er vorhatte: Der promovierte Chemiker Brunon K. lehrte eine Zeitlang an mehreren Hochschulen und zeigte ein Faible für chemische Experimente, bei denen explosionshaltige Stoffe vermischt wurden – und natürlich detonierten.

Sein Plan war, mit einem mit Explosionsstoffen beladenen Fahrzeug in den Sejm zu rasen – und das während der Haushaltsdebatte, da dann die wichtigsten Abgeordneten im Parlament sind. Was dann passieren sollte, lässt wohl erahnen. Zwei Tage vor dem Unabhängigkeitstag ließen die Einsatztruppen der Agentur für Innere Sicherheit (ABW) den 45 Jährigen hochgehen – aus Angst, bei den Feiern zum Unabhängigkeitstag am 11. November könnte er weitere Terroranschläge vor haben. Wie die Agentur ABW dem „polnischen Breivik“, wie das Wochenmagazin „Wprost“ den vereitelten Attentäter bezeichnet, auf die Schliche gekommen ist, mutmaßt das Blatt ebenso: Wahrscheinlich waren es seine Studenten, die Hinweise lieferten. Aber auch Breivik selbst könnte Brunon K. auffliegen lassen haben – denn der norwegische Terrorist hatte auch Kontakte zu Polen.

Jedenfalls habe sich der vereitelte Attentäter in der letzten Zeit immer mehr radikalisiert – insbesondere habe er es auf Politiker aus der Regierungspartei PO abgesehen. Was aber nicht bedeutet, dass er ein Anhänger der Politik von der Oppositionspartei PiS war. Interessant ist aber, was die „Wprost“ über die Methoden der ABW schreibt – insbesondere die Präsentation der Ermittlungsarbeit. Zum einen habe die Agentur vermutlich V-Männer bei ihren Ermittlungen eingesetzt – und gerade diese könnten die kleine Gruppe um Brunon K. zu Anschlagsplänen noch mehr gereizt haben.

Zum anderen war die Pressekonferenz samt Offenlegung der Anschlagspläne kurios. Zwar kommentiert Michal Kobosko, der Chefredakteur der „Wprost“ die Arbeit der Sicherheitsagentur als „Well done ABW“ – zu Deutsch: gute Arbeit. Doch einige Journalisten wussten vorab, dass die Sicherheitsagentur „etwas Großes“ vorhabe – eigentlich ein Unding. Zudem komme der Aufdeckungscoup in einer Zeit, in der sich die Regierung Gedanken über die Zukunft und Kernaufgaben der ABW-Truppe macht, und somit den ABW-Leuten gerade recht. „Sollen wir da unsere Augen schließen und einfach klatschen?“, fragt das Wochenmagazin „Wprost“.

GAZETA WYBORCZA: "Hier ist Polen"

Die Internetausgabe der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ widmet sich in ihrer heutigen Ausgabe einem regionalen Thema. In Schlesien wettert die Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gegen die deutsche Minderheit, schreibt Autorin Joanna Pszon. PiS-Politiker organisieren eine Demonstration in Oppeln unter dem Motto „Tu jest Polska“ – also: hier ist Polen. Zu der Idee kam es bei einem Treffen von PiS-Sympathisanten mit zwei PiS-Spitzenfunktionären. Dabei sollen nationalistische Phrasen gefallen sein, berichtet die „Gazeta Wyborcza“. Etwa: Wenn mit den Bestrebungen der deutschen Minderheit und der schlesischen Partei RAS, also der Autonomiebewegung Schlesiens, nichts gemacht werde, „komme es hier zu einem zweiten Kosovo“, zitiert die Autorin eine Aussage aus diesem Treffen.

Es geht dabei um die zweisprachigen Ortsschilder, als auch die Angst vor zu viel Souveränität Schlesiens – des Oppelner Teils. Die PiS habe sich auch schon beim vergangenen Wahlkampf dafür eingesetzt, dass für die deutsche Minderheit auch die Fünfprozenthürde gelte – denn jetzt müsse die Minderheit nicht diese Hürde bei den Parlamentswahlen überschreiten, um ihren Mandatsträger in den Sejm zu entsenden. Es geht aber auch um den Streit um Zuschüsse für Schulen der deutschen Minderheit, schreibt die „Gazeta Wyborcza“.

Der Hintergrund ist der Versuch der PiS-Partei Stimmung zu machen – denn die Partei habe in keinen Wahlen die Mehrheit in der Oppelner Region und das tue die Rechtskonservativen besonders weh, schreibt Autorin Joanna Pszon. Sie lässt die deutsche Minderheit zu Wort kommen, die sich – nachvollziehbar – genervt zeigt. Zudem seien in der vergangenen Woche Sejm-Abgeordnete der Regierungspartei PO, der Linkspartei SLD und der Palikot-Bewegung aus der Region öffentlich für die deutsche Minderheit in die Bresche gesprungen. Doch den Marsch „Hier ist Polen“ soll es in Oppeln dennoch geben, schreibt die „Gazeta Wyborcza“. Allerdings erst im Januar.

Autor und Sprecher: Markus Nowak

Redaktion: Joachim Ciecierski

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